„Sehr geehrte Herren,
ich hoffte vor allem eine juristische Diskussion zu entfachen. Hätten Sie einen Blick in den Schriftsatz geworfen, den LTO hier dankenswerterweise online zur Verfügung gestellt hat, hätten Sie bemerkt, dass ich unter Ziffer C. II. 1. b) klar betone, dass ich die AfD nicht für verfassungsfeindlich halte.
Die Kritik an Herrn Lucke ergibt sich nicht daraus, wie der Vorstand strukturiert wird. Das ist zweitrangig. Der Satz in diesem Artikel hierzu war ein wenig missverständlich. Aber wenn man ihn etwas überdenkt, hätte man schon auf die Idee kommen können, dass ich denklogisch nicht eine Person mit einem Gesetz gleichsetze.
Vielmehr vergleiche ich den von Lucke in Erfurt vorgelegten Satzungsentwurf als Ermächtigungsgesetz. Und das muss sich Herr Lucke auch gefallen lassen. Schließlich ist er der Sprecher einer Partei, welche die Leidenschaft entwickelt hat, die Eurorettungsgesetze ihrerseits selbst stetig als Ermächtigungsgesetze zu titulieren. Und hier fehlt es schon wieder an der Integrität Luckes. Einerseits wirft er dem Bundestag vor, sich selbst seiner Hoheitsbefugnisse durch Übertragung von Haushaltskompetenzen zu entledigen, um dann seinen Parteimitgliedern einen Satzungsentwurf vorzulegen, mit welchem sie sich ebenfalls selbst entmachten. Das ist geradezu lächerlich.
Der Vergleich zum Ermächtigungsgesetz von 1933 stammt im Übrigen nicht von mir, sondern war ein geflügeltes Wort in der gefrusteten und vom autoritären Bundesvorstand und anderen ebenso autokratischen Landesvorständen bevormundeten Parteibasis. Der Vergleich hat sogar Eingang in den Spiegel gefunden:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-125966635.html
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-machtkonzentration-lucke-will-basis-entmachten-a-958950.html
Und jetzt studieren Sie mal die Satzungpassagen, welche die lupenreinen Demokraten Lucke und Adam ihrem Parteivolk zumuten wollen. Dagegen ist die Reduzierung der Sprecherzahl geradezu lächerlich. Wenn nun also die EU als undemokratisch und der Bund mit der EU als undurchsichtige und unverantwortliche Treuhänder von der AfD bekämpft werden müssen, wie muss die AfD dann mit sich umgehen? Selbstmord?
Ist es nicht ein Riesenpharisäertum bei Lucke und seinen Jüngern, wenn diese Gruppe in der Öffentlichkeit beim politischen Gegner genau jenes erbittert anprangert, was sie im Inneren heimlich (bei nicht wenigen AfD-Parteitagen wurde die Presse ausgeschlossen) noch in viel größerem Umfang praktiziert?
Aber lesen Sie selbst die interessantesten Passagen von Luckes "Ermächtigungsgesetz":
§ 4 (2) Über die Aufnahme entscheidet der Vorstand des zuständigen niedrigsten Gebietsverbandes, solange die Satzung des Landesverbandes nichts anderes bestimmt. Stimmt der zuständige Gebietsverband dem Aufnahmeantrag zu, trägt er dafür Sorge, dass die Bewerberdaten unverzüglich in die zentrale Mitgliederdatei der Bundespartei eingepflegt werden und teilt dem Bewerber gleichzeitig mit, dass über den Aufnahmeantrag unter einem einen Monat währenden Widerspruchsvorbehalt positiv entschieden wurde.
§ 8 (2) Im Falle der Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung von Parteiämtern auf Zeit oder der Enthebung von Parteiämtern muss die beschlossene Ordnungsmaßnahme schrif tlich begründet werden.
(4) Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder eines Landesvorstands kann nur der Landesvorstand oder der Bundesvorstand einleiten. Ordnungsmaßnahmen gegen Mitglieder des Bundesvorstands kann nur der Bundesvorstand einleiten.
(5) Gegen alle Ordnungsmaßnahmen ist die Anrufung des Schiedsgerichts möglich. Sie hat keine aufschiebende Wirkung. Das Schiedsgericht kann statt der verhängten auch eine mildere Ordnungsmaßnahme aussprechen.
(8) Verstößt ein Gebietsverband schwerwiegend gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Alternative für Deutschland, sind folgende Ordnungsmaßnahmen gegen nachgeordnete Gebietsverbände möglich:
a) Amtsenthebung seines Vorstands
b) Auflösung des Gebietsverbands.
Als schwerwiegender Verstoß gegen die Ordnung und die Grundsätze der Partei ist es zu werten, wenn ein Gebietsverband oder ein Gebietsvorstand die Bestimmungen der Satzung beharrlich missachtet, Beschlüsse übergeordneter Parteiorgane nicht durchführt, obwohl in ihnen Ordnungsmaßnahmen angedroht wurden, oder in wesentlichen Fragen gegen die politische Zielsetzung der Partei handelt. Die Ordnungsmaßnahmen werden vom Vorstand eines höheren Gebietsverbandes mit Zweidrittelmehrheit beschlossen und treten sofort in Kraft. Die Mitgliederversammlung des die Ordnungsmaßnahme treffenden Gebietsverbandes hat die Ordnungsmaßnahme am nächsten Parteitag mit einfacher Mehrheit zu bestätigen, ansonsten tritt die Maßnahme außer Kraft. Gegen die Ordnungsmaßnahme ist die Anrufung des zuständigen Schiedsgerichts möglich. Sie hat keine aufschiebende Wirkung.
§ 11 (6) Der Vorstand kann mit einfacher Mehrheit beschließen, Vorstandsmitglieder von ihren Aufgabenbereichen zu entbinden.
(10) Auf Antrag des Bundesvorsitzenden kann der Bundesparteitag beschließen, weitere Vorstandsmitglieder mit oder ohne festgelegten Aufgabenbereich zu wählen. Die Anzahl der zusätzlich zu wählenden Vorstandsmitglieder muss im Antrag des Bundesvorsitzenden benannt werden. Unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Wahl endet die Amtszeit der zusätzlich gewählten Vorstandsmitglieder mit der Amtszeit des Vorstands.
§ 12 (11) Der Bundesvorstand beruft ein Mitglied der Partei zum Bundesschatzmeister und beruft ihn ggf. wieder ab. Der Bundesschatzmeister ist für alle finanziellen Angelegenheiten der Bundespartei einschließlich der Spendenakquise zuständig. Der Bundesschatzmeister berichtet dem Bundesvorstand und dem Finanzvorstand regelmäßig und umfassend über alle finanziellen Angelegenheiten der Partei
(15) Zahlungsverpflichtungen der Bundespartei dürfen vom Bundesvorstand nur im Rahmen liquider Mittel oder einer nachvollziehbaren Liquiditätsplanung eingegangen werden. Die Aufnahme von Darlehen ist zulässig, solange der gesamte Schuldendienst der Partei in jedem Jahr nicht mehr als 25% der zu erwartenden Einnahmen der Partei beansprucht und die persönliche Haftung von Parteimitgliedern ausgeschlossen ist.
§ 13 (3) Der Generalsekretär, der Bundesgeschäftsführer und der Bundesschatzmeister nehmen mit beratender Stimme an den Sitzungen des Bundesvorstands und des Präsidiums teil, sofern diese Gremien nichts Gegenteiliges beschließen
§ 14 (3) Der Bundesvorstand kann für die Teilnahme an Mitgliederparteitagen die Erhebung einer Tagungsgebühr beschließen. Die Tagungsgebühr darf nicht höher sein als es zur Deckung der zu erwartenden Kosten des Parteitags geboten erscheint.
(24) Der Bundesparteitag und seine Beschlüsse werden durch eine vom Bundesvorstand ernannte Person protokolliert. Dieses Protokoll ist den Mitgliedern/Delegierten innerhalb von acht Wochen schriftlich oder in elektronischer Form zugänglich zu machen.
§ 16 (1) Auf Beschluß des Konvents können Vereinigungen gegründet werden, um die Interessen der in den Vereinigungen repräsentierten Gruppen in der Politik der Partei zu vertreten. Der Konvent kann beschließen, eine Vereinigung wieder aufzuheben. Eine Begründung dieser Entscheidung ist nicht erforderlich.
§ 19 (1) Über alle Fragen der Politik der Partei, insbesondere auch des Programms, kann urabgestimmt werden, sofern die Beschlussfassung nicht aufgrund gesetzlicher Bestimmungen dem Parteitag vorbehalten ist. Stimmberechtigt sind alle Mitglieder der Partei. Der Bundesvorstand kann unter Berufung auf §5 Abs. 4 beschließen, die Urabstimmung und die dafür notwendige Kommunikation mit den Mitgliedern ausschließlich elektronisch durchzuführen.
§21 Wahlverfahren bei Personalwahlen
Für alle Personalwahlen der Alternative für Deutschland gelten die folgenden Regeln:
a) Im ersten Wahlgang sind grundsätzlich nur die Kandidaten gewählt, die mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen auf sich vereinigen konnten.
b) Ist ein zweiter Wahlgang erforderlich, so sind diejenigen Kandidaten gewählt, die die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnten. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Versammlungsleiter die Wahl per Los.
c) Durch Beschluss des die Wahl durchführenden Gremiums kann vor dem ersten Wahlgang festgelegt werden, dass nur eine bestimmte Anzahl von bestplatzierten Kandidaten des ersten Wahlgangs im zweiten Wahlgang wählbar sind. Es müssen jedoch stets mehr Kandidaten als zu besetzende Parteiämter zugelassen werden.
d) Das die Wahl durchführende Gremium ist frei, vor Eröffnung eines Wahlgangs ein anderes Wahlverfahren zu beschließen. Auch Präferenzwahlverfahren wie die Schulze-Methode sind zulässig.
e) Die Nutzung elektronischer Stimmgeräte ist zulässig
Gott sei Dank ist die Basis nicht dumm und hat diese "Satzung" abgewehrt! Jenen Leuten wünsche ich in der AfD weiterhin alles Gute und den Mut die Heuchelei in dieser Partei noch stärker zu bekämpfen. Vielleicht schaffen sie es ja aus dieser Mogelpackung noch eine ernsthafte Partei zu formen. Ob das mit Lucke und seinen Getreuen möglich ist, wage ich zu bezweifeln.
Aber das macht ja nichts. Verschwindet dieser "Experte", hat die AfD mit den Professoren Henkel, Starbatty, Schachtscheider, Maier und Braun-Moser genug Personal, welche wieder Seriosität in die Partei bringen könnten. Henkel hat ja schon beim letzten dubiosen Akt Rückgrat bewiesen und sich gegen die Gefahr einer illegalen Parteienfinanzierung gestellt (mir hat leider die Zeit gefehlt diese Punkte noch in die Beschwerde einzuarbeiten):
http://www.welt.de/politik/deutschland/article127190958/AfD-setzt-umstrittene-Kreditfinanzierung-fort.html
Wenn die AfD ihre brilliante Grundidee in Zukunft wieder praktizieren und sich vom Kult um den doch sehr widersprüchlich agierenden Lucke lösen sollte, würde ich sogar wieder Mitglied werden. Mir ging es somit in keiner Weise darum Lucke, die AfD und deren Mitglieder - die zu einem großen Teil höchst kompetent und seriös sind - als "Nazi" zu verunglimpfen. Vielmehr regt es mich auf, dass eine derart gute Idee als Vorwand von einigen ziemlich unfähigen Möchtegernpolitikern dermaßen missbraucht wird und dem Volk mit der AfD eine Mogelpackung aufgetischt wird. Mit dem Hinweis auf das Ermächtigungsgesetz wollte ich diesen Widerspruch zuspitzen, indem ich die eigenen Argumente der AfD-Nomenklatura gegen sie wendete.
Die Verfassungbeschwerde dient dazu, die vielen Schäden, welche diese (noch) Scheinpartei bei ihren Mitgliedern, dem Bürger und dem deutschen Staat verursacht hat, zu minimieren. Das BVerfG muss hier m.E. einschreiten, um zuküftige finanzielle, politische und nicht zuletzt demokratische Beeinträchtigungen abzuwehren. Zumindest solange die AfD noch Werbekampagne (so schon eine Studie der KAS im Frühling 2013) statt ernsthafter Partei ist.“ — Elias Mößner