So, nachdem die Kampagne jetzt noch mal über Nacht sacken konnte, probiere ich hier etwas detailliert zu werden, wieso ich am Ende maßlos von der gesamten Kampagne enttäuscht bin. Da der Beitrag länger wurde als gedacht, muss ich ihn auf zwei Posts aufteilen.
Gameplay & Missionsdesign
Das pure Gameplay hat 343i wirklich gut hingekriegt. Die Kämpfe fühlen sich gut an, Gegner reagieren dynamisch, lediglich Phantom Geschütze und Stalker Rifle Jackals fallen irgendwie aus der Balance raus im Vergleich zu wie wenig andere Gegner an Schaden anrichten. Leider zerstört sich HI die Dynamik der ganzen Waffen- und Fahrzeugsandbox in der Open World, indem man die ganze Zeit an den Vorposten alles nachspawnen lassen kann. Wieso sollte ich auch nur irgendeine Waffe der Gegner einstecken, wenn ich mit einer Schnellreise wieder 200 BR Schüsse und Super-Shotgun oÄ einpacken kann? Spätestens wenn man die Wasp hat merkt man auch dass die Sandbox gar nicht mehr aufgeht, oft genug weiß die KI nicht was sie tun kann, lediglich bei 1-2 Basen gegen Ende ist ein Scorpion stärker da man gegen zig Wraiths gleichzeitig ran muss.
Man markt aber auch dass das Spiel für den Greifhaken designed wurde und der Rest der Fähigkeiten dann im Nachgang drangeklatscht wurde. Die Tarnung nach einem Evade funktioniert zB gar nicht, Gegner sehen einen immer 100% sofort, auch wenn man keinen Kampf eröffnet hat. Die Dropwall ist tatsächlich hilfreich, aber den Rest kann man sich eigentlich komplett sparen. Und wieso gibt es eigentlich keinen Repulsor in der Kampagne? Die Steuerung die Fähigkeit zu wechseln ist dazu ein Krampf, sodass man selbst am PC sich die Finger verrenkt im Kampf verschiedenes Equipment einzusetzen.
Das große Problem sowohl in der Open World als auch in den linearen Missionen ist aber dass die Gegnerzusammensetzung von Anfang bis Ende absolut identisch ist. Es gibt keine Momente wo man mal erfrischend andere Encounter hat, außer die ganz wenigen Momente wo man unsichtbare Eliten trifft. Dadurch fühlen sich alle Encounter absolut gleich an. Außer den Wächtern und den kleinen fliegenden Kerlen gibt es ja auch keinerlei Gegner Variationen. Man kämpft imemr nur gegen den altbekannten Mix aus Allianzler.
Während man die ersten 2 Level wirklich noch beeindruckend findet, stellt sich später für mich da absolute Ernüchterung ein. Alle Linearen Missionen sind die selben Copy & Paste Forerunner oder Banished Innenräume. Wenn man mir Screenshots von verschiedenen Missionen vorlegen würde, könnt ich absolut nicht sagen welche das waren. Und wer kam auf die beknackte Idee dass wie in der finalen Missionen ganz billig Gegnerwellen in den UNSC Räumen abhalten müssen? Das ist einfach super schwach.
Dazu fehlen dem Spiel jegliche epischen Kampagnenmomente. Wo früher ein Scarab über den Berg kam, Covenant Cruiser über einen langezogen sind und die Städte verglasen, die Landung auf der Arche, Halo lebt davon dass man diese Momente hat, wo man aus dem Staunen nicht mehr rauskommt. Wo man Ingame stehen bleibt und einfach sich erst mal sammeln muss, während man überwältigt erst mal aufnehmen muss, was gerade vor einem abgeht. Halo Infinite hat gar keine. Wirklich gar keine. Man ist immer nur im Pelican oder diesen kleinen Innenräumen. Der einzig gute Kampagnenmoment war gegen Ende der Angriff auf die Banished Basis mit Scopion und Wraiths, der aber auch cheatet weil er einfach das klassische Halo Musik einwirft. Selbst Halo 5 hatte, so Grütze auch die Cortana Story war, wenigstens richtig epische Gameplay Momente wie die Kämpfe auf Sanghelios, die Landung auf Genesis, das Herunterkämpfen auf dem Guardian, usw.
Ich hatte wenigstens gehofft dass es noch neue Fahrzeuge, Waffen, etc gibt, die man noch nicht gezeigt hatte damit es epischer ist in der Kampagne. Aber Fehlanzeige, selbst der Banished Skiff, den man als Spielzeug verkauft, gibt es nicht im Spiel.
Tell, don't show
Mir hat die Dynamik und Beziehung zwischen Chief und The Weapon gut gefallen. Erinnert mich stark an Halo 4, dass man endlich etwas mehr vom Charakter Chief mitkriegt. Gerade dass er so eiskalt The Weapon löschen will und dann die spätere Auflösung, dass er ihr trauen möchte, fand ich schon mitreißend und nachvollziehbar. Hier haben die Schreiber wirklich einen schönen Bogen gefunden, wie man dem Spieler The Weapon als neue Cortana nahe bringt.
Alles andere der Story funktioniert in meinen Augen aber gar nicht und ist tatsächlich schon wie die Star Wars Sequels zu sehen, die irgendwie alle vorherigen Spiele negieren auf eine absolut unverdiente Art und Weise. Fangen wir mit Cortana an.
Cortana hat nach dem Bündnis mit den Banished gemerkt, dass Chief eine neue Cortana kriegt und sich gegen sie stellt. Daraufhin löscht sie sich und macht den Halo kaputt. WHAT. THE. FUCK. Nach allem was sie in Halo 5 getan hat, entscheidet sie sich spontan doch wieder gut zu sein? Hat Blizzard mitgeholfen diesen Mist auf Papier zu kriegen, dass Cortana ersthaft eine Wiedergutmachung bekommt? IM SELBEN SPIEL WO WIR ERFAHREN DASS SIE DIE BRUTE HEIMATWELT UND DIE SPARTAN AKADEMIE EINFACH ZERSTÖRT HAT!? Nein, Cortana ist Space Hitler, da hilft auch keine emotionale Manipulation und Nostalgie.
Und dabei stoßen wir auf wirklich den Kern, wieso Halo Infinite für mich absolut nicht funktionert. Der Grundsatz einer jeden guten Story ist "Show, don't tell". Also zeig dem Zuschauer was passiert, anstatt es ihm zu erklären. Hollywood Filme leider seit Jahren massiv darunter, selbst Halo 5 hatte das komplett nicht hingekriegt und einen mit Funksprüchen zugespammt. Und Halo Infinite treibt das ganze noch weiter auf die Spitze. Die ganze Zeit kriegen wir von Weapon oder diesen ollen Visionen erklärt was genau gerade passiert oder in der Vergangenheit passiert ist. Ah die Banished aktivieren die Spires und aktivieren dies und das auf dem Ring. Oh die erwecken jetzt The Endless. Ah wie konnten es gerade noch stoppen. Aha, die haben die Infinity in 4 Minuten zerstören können. Zu keinem Zeitpunkt hat man das Gefühl, dass tatsächlich irgendetwas sinnvolles passiert, weil man absolut nichts davon sieht.
Geht einfach mal zu Halo 2+3 zurück. Wir sind es die miterleben wie Delta Halo aktiviert wird und es gerade noch rechtzeitig stoppen können als Gebieter. Wir sind es, die miterleben wie das Archenportal sich öffnet und Truth dabei ist die Ringe zu aktivieren. Halo war so episch, weil wir eben diese ganzen "OHHHHH SHIT!" Momente selber erleben und in Filmreifer Inszenierung vorgesetzt bekommen. Halo Infinite hat nicht einen einzigen großen Moment, 99% der Cutscenes sind Chief unterhält sich mit The Weapon an einer der kleinen Säulen, die praktischerweise überall rumstehen.
Dadurch sind die Banished absolut belangloses Kanonenfutter. Es gibt nicht einen Moment wo man sieht dass Echarium oder einer der Named-NPCs irgendwas entscheidendes tun. Die labern die ganz Zeit nur per Funksprüche oder die albernen Ranzoom-Hologramm-Monologe. Aber es zieht einfach nicht, weil wir nie sehen wie die Bösewichter irgendetwas tatsächlich tun. Sie erzählen uns immer nur, was sie tolles getan haben sollen. Ah das sind die Spartan Killer, der hier hat 4 Squads ODSTs besiegt, und der hier schon 20 Spartans umgebracht, bla bla bla. Wenn ihr schon tote Spartans eingebaut hat, dann hättet ihr wenigstens die Eier haben müssen auch zu zeigen, dass diese Charaktere tatsächlich Spartan Killer sind. Lächerlich wird es dann an dem Punkt, wo der Elite gesagt bekommt er soll Chief leben fangen, aber wenn wir ihn dann daraufhin als Bossgegner abkriegen, tötet er einen einfach. What?
Storytechnisch wäre die ganze Geschichte zwischen H5 und HI, die uns in Häppchen vorgesetzt wird, einfach ein deutlich besseres Spiel gewesen als alles was wir am Ende bekommen haben. Ich hatte ja wenigstens gehofft dass zumindest Lasky, Palmer, Fred, Gebieter oder irgendwer noch auftaucht, da die ja fast alle Spielzeug zum Spiel verkauft werden. ABer nein, das wäre wohl zu verlangt, stattdessen dürfen wir uns aus Audiologs irgendwie zusammenreimen was zumindest mit Lasky sein könnte.
Dass man sogar alle neu eingefühten Banished Charaktere und Harbinger gleich wieder tötet ist auch nicht weit gedacht. Und wieso zum Teufel lebt Atroix am Ende doch noch, wenn sogar die Banished die ganze Zeit erzählen dass er tot ist? Wirkt so als wäre die Post Credit Szene schnell noch im Nachgang entstanden.